Wer gestern mit mir und meinen Mit-Autoren vom AutorenNetzwerk Ortenau-Elsass in der St. Nikolauskapelle in Hausgereut war, konnte Advent mal anders erleben.
Nicht nur, dass wir vom AutorenNetzwerk die mit mittelalterlichen Fresken aus dem Leben des Heiligen Nikolaus bemalte Kapelle über und über mit Lichtern geschmückt hatten, die dem Gotteshaus als einer der beiden ältesten Chorturmkirchen des badischen Hanauerlandes aus dem 13. Jahrhundert ein ganz besonderes Ambiente verliehen. Nein, wir hatten auch unsere eigenen Lieder und Geschichten vorzutragen und die Freude, dies vor vollem Haus zu tun. Sogar die Katze, die sonst lieber im Vorgarten maust, ließ es sich nicht nehmen, zu uns hereinzuflitzen und es sich auf der heimeligen Empore bei Wortkunst und Musik gemütlich zu machen.
Milde lächelten die gemalten Reste von Maria Magdalena, St. Jakobus und natürlich dem Heiligen Nikolaus von den Chorwänden, während Tatjana Broek vom zuckerkringelverzierten Weihnachtsbaum ihrer Kindertage las und ich von allerlei Bräuchen aus Heidenzeiten erzählte, aus denen unsere Adventskränze und Weihnachtsbäume hervorgingen.
Etwas geschmunzelt hätten die Drei wohl zusammen mit dem erheiterten Publikum über die Kopfkino-Bilder, die der bekannte Wetterfahnenmacher Raimund Müller mit seiner Geschichte vom unfreiwilligen Nikolaus mit Aktentasche rechts und Geschenkebündel links und Eiszapfenbart im lausekalten Winterwind erzeugte.
Zweifellos genickt hätten sie, die frommen Schutzpatrone der Kapelle, als Josef Wilhelm vom "G'scheitli" als ewigem Besserwisser las, den weder die Wunder des Universums, noch die Wunder der Welt zu unseren Füßen überzeugen, dass der Mensch nicht nur von Brot allein lebt.
Wahrscheinlich hätten die Heiligen auch nicht an den Rädern gedreht, die zu ihren Füßen als mit dem Tatzenkreuz ausgefüllte Vignetten zu sehen sind, als Heidrun Hurst im Licht des Stehpults von jenem Abend erzählte, an dem eine junge Frau unfreiwillig Bekanntschaft mit einem philosophisch angehauchten Penner machte, der ihr bei einem Pappbecher voll rotem "Noli" den Geist der Weihnacht ins Auto und ihr sinnleeres Leben trug.
Sicher bin ich, dass den Schutzpatronen der Heiligenschein vor Lachen blind geworden wäre, hätten sie Gerd Birsners Piratenkäptn Huck mit seinem prächtigen Halleluja-Donner durchs Kirchenschiff brausen hören. Da blieb kein Mundwinkel hängen und kein Ohrenschmalz stecken und kaum ein Auge trocken, als der alte Seebär seiner Smutjine Esmeralda, genannt "Ess-mal-mehr-Alter", vorjubilierte, wie er das Christkind zu bewillkommnen plante. Fast hätte das Stimmvibrato die Jakobsmuschel gekostet, die am Emporengebälk den Jakobspfadpilgern zeigt, dass sie hier, - mitten im badischen Flachland, - ganz richtig auf dem Weg nach Santiago di Compostella sind.
Zum Glück war's im "Kirchl" wenigstens nicht so kalt wie in Sibirien, wo selbst Piraten "erfririen", wie unser Liedermacher weiß. Und natürlich zog am Ende über uns allen, den stummen Zuhörern an den Wänden wie den lachenden in den Bankreihen, das Glück mit dem rotgelben badischen Himmel für den Heimweg auf.
Wie gesagt, wer dabei war, hatte gut zuhören und noch besser lachen. Wer nicht, hat was verpasst. Bis nächstes Jahr. Vielleicht. Oder bestimmt. Wir vom Netzwerk überlegen es uns noch.
Copyright Dr. Karin Jäckel