Es fehlen Eva Schniedertüns Gornik, Brigitte Gutmann, Diana Zeller-Lombardi und Dr.med. Karlheinz Bayer.
Alle Fotos (c) K.-P. Jäckel
Alle Gewinner-Texte und weitere Fotos findet man auf der Website des AutorenNetzwerks Ortenau-Elsass;
(c) Dr. Karin Jäckel
Am 22. September standen kreativ Schreibende aus der Ortenau und dem Elsass mit ihren selbstverfassten Erzählungen, Kurzgeschichten und Gedichten im Mittelpunkt des Interesses. 14 von ihnen im Alter ab 15 Jahren aufwärts wurden von der Jury des AutorenNetzwerks Ortenau-Elsass zu Gewinnerinnen und Gewinnern des diesjährigen Leserabe-Schreibwettbewerbs gekürt, der in Zusammenarbeit des Fördervereins der Mediathek Oberkirch e.V. und den Mitgliedern des AutorenNetzwerks erstmals nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern nun auch für Erwachsene ausgelobt wurde.
Das Thema lautete „Der Schrank“ und regte die Fantasie zu insgesamt 49 hochkreativen Texten an, unter denen der siebenköpfigen Jury die Wahl schwer fiel. Als wichtigste Auswahlkriterien mussten Originalität und Eigenständigkeit der Idee, logisch stringente Handlung und sprachlich überzeugende Wortkunst erfüllt werden.
Unterteilt in drei Altersgruppen von 15+, 18+ und 40+ sowie eine alemannische Mundartgruppe, wurden jeweils erste bis dritte Preise an Einzelpersonen und ein Sonderpreis für die beste Gemeinschaftsarbeit mit einer Urkunde vergeben.
Mit Unterstützung der Sparkassenstiftung Offenburg konnten der Förderverein der Mediathek Oberkirch und das AutorenNetzwerk Ortenau-Elsass sowohl einen Geldpreis für die drei ersten Preise in jeder Altersgruppe nebst Sonderpreis als auch schöne Sachpreise vergeben. Diese wurden von allen Gewinnerinnen und Gewinnern mit großer Freude entgegengenommen.
Den immer nur für besonders herausragende Geschichten vergebenen Sonderpreis gewannen die multilingualen Jugendlichen Mahmoud Barhawi (15) und Edmina Nezirova (16) mit ihrer Fantasy-Geschichte von einem alten Schrank, in dessen Tiefen ein Geist lebt. Dieser entführt den Helden der Geschichte in eine finstere, von gefährlichen Dinosauriern bevölkerte Anderswelt, um so die Herausgabe eines uralten Buches zu erzwingen. Erst als die Schwester des Helden das Buch findet und in den alten Schrank legt, wird der Bruder befreit.
Die jungen Verfasser wurden nicht allein wegen ihrer kreativen Leistung gewürdigt, sondern auch für die herausragende gemeinsame sprachliche Leistung. Mahmoud Barhawi, aus Syrien stammend, lernt erst seit wenigen Monaten Deutsch an der Offenburger Astrid-Lindgren-Schule. Edmina Nezirova aus Mazedonien hatte bereits zwei Jahre Deutschunterricht in ihrem Heimatland, ehe sie im März 2019 nach Deutschland kam. Gemeinsame Sprachen sind Türkisch und Englisch. So konnte Mahmoud seiner Mitschülerin Edvina seine Geschichte erzählen und sie diese für ihn übersetzen und aufschreiben. Die von beiden Verfassern vorgelesenen Textpassagen wurden mit großem Applaus belohnt.
Für seine meditative Erzählung über einen altehrwürdigen Schrank, der im Vergleich zu moderner Kaufhausware Jahrhunderte Geschichte verkörpert, erhielt Luis Leonard Grumser (19) den ersten Preis für Prosa in der 18+Gruppe. Trotz seiner Jugend ist der Acherner bereits ein echter Nachwuchs-Autor, der in diesem Monat sein erstes Buch mit dem Titel „Nächtebuchauszüge“ veröffentlichte.
Den zweiten Preis gewann Julia Guibert, die mit ihrer Familie in Straßburg lebt. Sie schrieb über einen „Schrank von einem Mann“ in einer Warteschlange, der einer hinter ihm stehenden Person die Sicht versperrt. Die frech, witzig, frisch und zugleich spannend geschriebene Episoden-Geschichte ließ die Jury mehrheitlich nach „mehr“ verlangen und die junge Autorin einhellig „Weiter so!“ auffordern.
Sarina Lögler aus Gengenbach errang den dritten Preis und trug mit ihrer hochemotionalen, eindringlich und dicht erzählten Kurzgeschichte „Marleen“ etwas Wehmut in den Saal, die aus dem Schrank aufstieg, den Marleen, eine junge Witwe, nach dem Unfalltod ihres Liebsten ausräumen muss.
In der Altersgruppe 40+ konnten sowohl für Prosa als auch für Lyrik je drei Preise vergeben werden.
Mit dem ersten Lyrik-Preis wurde die aus Lahr kommende Poetin Gerlinde Marquardt ausgezeichnet, die eine kleine Hymne auf den Schrank ihrer Kindertage schrieb, in dem sie sich oft versteckte und der ihr unvergesslichen Trost spendete. Vor allem ihre einfühlsame, in Rhythmus und Aussage stimmige Reflexionen darüber, ob der Schrank wohl lieber als Baum leben und grünen oder in Schrankform gezwungen sein wolle, nahmen die Jury für dieses Gedicht ein, das mit einer überraschende Schlusspointe endet.
Auch der Gewinner des zweiten Preises, Michael Jean-Marie Charles Meyer aus Offenburg-Elgersweier, thematisierte das Dasein als Schrank und Baum. Mit dem Wunsch, die Zeit zurückdrehen zu können und wieder Baum unter Bäumen zu sein, verband der Dichter ein Nebengeschehen, aus dessen Zeilen klar wird, dass der Baum zum Schrank wurde, weil ein Großvater seinem Enkel einst eine Nuss schenkte, aus der ein Baum und aus diesem ein Schrank wurde. Vor allem dieser sprachlich überzeugende Kunstgriff, mit dem Prolog und Epilog verschoben wurden, so dass sich die Geschichte quasi von hinten aufrollt, überzeugte die Jury und gab den Ausschlag gegenüber anderen, nur wenig geringer bewerteten Gedichten.
Den dritten Preis konnte Dr. med. Karlheinz Bayer aus Bad Peterstal wegen einer Dienstreise leider nicht abholen. Sein humorvoll-launiges Gedicht über zwei linke Hände, die einen Schrankbesitzer dazu bewegen, dann doch lieber einen Fachmann zum Aufbau des neuen Schrankes anzuheuern, stimmte die Jury sehr neugierig auf den Verfasser. Deshalb wurde einstimmig beschlossen, ihn alsbald zu einem Vortrag seines Gedichts einzuladen.
Mit ihrer Erzählung über ein Kind, das wegen eines Autounfall Waise wird, als Erwachsene den Geliebten an eine andere Frau verliert und von der einzigen gebliebenen Angehörigen einen Schrank erbt, wurde Léa Eckly mit dem ersten Prosa-Preis ausgezeichnet. Gekonnt zeigt die aus Kürzell kommende Schriftstellerin auf, wie der alte Schrank zum Glanzstück der neuen Besitzerin und zugleich zum Hoffnungsträger wird, der sie lehrt, dass man auch ohne Wurzeln wieder fest im Leben stehen kann.
Der zweite Preis ging an Diana Zeller-Lombardi aus Meißenheim, die ihre Auszeichnung krankheitsbedingt nicht selbst entgegennehmen konnte. Sie erzählte im Märchen-Stil von den Erfahrungen eines Schrankes mit wechselnden Besitzern. Der Schrank wird dabei zum Ich-Erzähler, dessen Wortwahl und Ausdrucksweise ihm Persönlichkeit und Charakter verleihen.
Gemeinsam den dritten Preis gewannen die Bühlerinnen Eva Schniedertüns Gornik mit ihrer Geschichte über einen Schrank mit geheimnisvollem Rosenduft und Brigitte Gutmann mit ihrer Erzählung über den Schudi-Schrank einer alten Fastnachterin. Während die Jury in dem duftenden Schrank das Potenzial zu einem Roman versteckt sah, erteilte sie den mannigfachen Kostümen und Erinnerungen der Schudi-Liebhaberin ein Lob für die Schreibtechnik.
Die Mundart-Dichter warteten mit badischem und elsässischem Alemannisch auf. Prosa und Lyrik wurden zur Wertung in einen Topf geworfen, da nur ein mundartliches Gedicht eingereicht worden war.
So wurde Franz Panter aus Oberachern mit dem dritten Preis für seine mit Augenzwinkern erzählte Geschichte vom Schrank geehrt, der an eine Lausbubengeschichte erinnert, in der ein Enkel seinem Opa die geliebte Zigarre mit einem Feuerwerkskörper bestückt.
Den zweiten Preis gewann Fritz Johann Bauer, der, in der Ortenau geboren und aufgewachsen, heute in Karlsruhe lebt, mit seinem satirisch-bissigen Gedicht über einen Schrank, der sinnbildlich für eine Lebensgemeinschaft steht. Mit Lust und Wortwitz zu „hartem Tobak“ geschrieben, erinnert der Text an Brechts Blechtrommel und bescherte auch diesem Nachwuchsautor ein „Weiter so!“
Die Bestwertung des Jahres entfiel mit 0,92 Notenpunkten auf den ersten Preis für Yves Rudio aus Weinbourg im Elsass, der in seiner Erzählung dem Geheimnis eines Schrankes auf die Spur kommt, das ihn zutiefst erschüttert. Nie sollte er diesen Schrank öffnen. Doch als der Vater stirbt, siegt die Neugier. Zu Tage tritt die Vergangenheit des Vaters als zwangsrekrutierter elsässischer Soldat. Spannend bis zur letzten Zeile, bricht vor den Augen des Lesers die Welt des Sohnes zusammen, dem am Ende als letzte Gemeinsamkeit mit dem Vater die elsässische Muttersprache bleibt.
Mit der Zusicherung von Karin Jäckel, der Vorsitzenden des Fördervereins der Mediathek Oberkirch und des AutorenNetzwerks Ortenau-Elsass, dass es auch 2020 wieder einen Leserabe-Schreibwettbewerb geben werde, wurden schon jetzt alle diesjährigen Gewinnerinnen und Gewinner als Überraschungsgäste zu den kommenden Autorenlesungen des Netzwerks eingeladen.
Thema DER SCHRANK
für Jugendliche und Erwachsene
Älteren ist als Thema „Der Schrank“ vorgegeben.
Das mögliche Spektrum reicht vom einfachen Möbelstück bis zu dessen wechselhafter Geschichte, vom Gruselschocker bis zur Komödie oder wohin sonst einen die Fantasie bei diesem Thema treibt. Vielleicht geradewegs in die schriftstellerische „Endorphinose“ oder ins schwarze Druckertintenaus. Vielleicht durch den Schrank in eine Anderswelt oder zum Liebhaber in flagranti. Wer weiß? Wir sind gespannt.
Zugelassen sind
eigene, selbst erdachte und geschriebene Prosa und Lyrik in Form von Erzählung, Kurzgeschichte, Krimi, Fantasy, Märchen, Fabel und Gedicht/Lied.
Bei Einreichung eines Liedtextes darf gern ein Notensatz beigefügt werden.
Dieser kann, muss aber nicht selbst komponiert sein,
doch muss in jedem Fall dessen Urheber angegeben werden.
Die Preisverleihungsfeier für Jugendliche und Erwachsene findet am Sonntag, dem 22. September 2019, ab 16 Uhr im Gasthaus Bücherhotel Bischenberg in Sasbachwalden statt.
Um Voranmeldungen zur Teilnahme an der Feierstunde mit Angabe der Personenzahl wird gebeten.
Schicken Sie bitte eine Nachricht an das AutorenNetzwerk Ortenau-Elsass.